Rechtsanwalt Kulzer . Glashütter Straße 101a . 01277 Dresden

Heimbetreiber müssen Bewohner vor Gefahren schützen oder: Organisationspflichten zur Corona-Abwehr?

Wenn der Heimbetreiber seine Bewohner vor Gefahren nicht hinreichend schützt, haftet er für den entstandenen Schaden.

Der Bundesgerichtshof konkretisierte im Januar 2021 die Pflichten der Heimbetreiber und wird dadurch eine Welle von Veränderungen AUSLÖSEN.

Der Heimbetreiber hat die Organisationspflicht, Schaden der Heimbewohner abzuwenden und zu vermeiden. Dies muss technisch, personell und rechtlich organisiert werden, sonst kann jetzt jede wesentliche Pflichtverletzung zu hohen Schadensersatz – und SchmerzenSgeldforderungen führen.

Das führte der BGH aus:
“Der Heimbetreiber hat die Pflicht, unter Wahrung der Würde und des Selbstbestimmungsrechts der ihm anvertrauten Bewohner diese vor Gefahren zu schützen, die sie nicht beherrschen. Welchen konkreten Inhalt die Verpflichtung hat, einerseits die Menschenwürde und das Freiheitsrecht eines körperlich oder geistig beeinträchtigten Heimbewohners zu achten und andererseits sein Leben und seine körperliche Unversehrtheit zu schützen, kann nicht generell, sondern nur aufgrund einer Abwägung sämtlicher Umstände des jeweiligen Einzelfalls entschieden werden. Maßgebend ist, ob wegen der körperlichen und geistigen Verfassung des pflegebedürftigen Bewohners ernsthaft damit gerechnet werden kann, dass er sich ohne Sicherungsmaßnahmen selbst schädigen könnte. Dabei muss allerdings auch dem Umstand Rechnung getragen werden, dass bereits eine Gefahr, deren Verwirklichung nicht sehr wahrscheinlich ist, aber zu besonders schweren Folgen führen kann, geeignet ist, Sicherungspflichten des Heimträgers zu begründen.”
In einem vom BGH im Januar 2021 entschiedenen Fall hat der Heimbetreiber diese Pflicht verletzt. Ein dementer Heimbewohner stürzte aus einem nicht ordnungsgemäß gesicherten Fenster und starb. Die Erben machen Schadensersatz geltend.

AUS meiner Sicht kann diese Entscheidung auf viele Fälle übertragen werden – auch auf mangelnden Schutz der Bewohner vor einer Corona-Erkrankung. Impfen für Pflegekräfte wird dadurch “faktisch” zur Pflicht- zur Vermeidung unkalkulierbarer Schadensersatzprozesse gegen die Heimbetreiber.

NACHWEIS DER PFLICHTVERLETZUNG: BEWEISLASTUMKEHR

Zur Beweislast von Pflichtverletzungen in Pflegeheimen ua. gab es in der Vergangenheit wichtige Entscheidungen. Der Bundesgerichtshof hat schon mit Urteil vom 18.12.1990, AZ VI ZR 169/90 Grundsätzliches zu den Voraussetzungen für das Eingreifen der Beweiserleichterungen des voll beherrschbaren Risikos Ausführungen gemacht.

Die Voraussetzungen für eine Beweislastumkehr sind:
  1. Der Heimbewohner befindet sich in einer konkreten Gefahrensituation,
  2. die gesteigerte Sicherungs- bzw. Schutzpflichten auslöst.
  3. Die Gefahrensituation ist für das Pflegeheim beherrschbar
  4. Der Heimbewohner kommt dennoch zu Schaden.

Gesetzlich ist in § 630h BGB(1) zum “voll beherrschbare Risiken” etwas geregelt, er  lautet:
Ein Fehler des Behandelnden wird vermutet, wenn sich ein allgemeines Behandlungsrisiko verwirklicht hat, das für den Behandelnden voll beherrschbar war und das zur Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit des Patienten geführt hat.

Voll beherrschbare Risiken sind dadurch gekennzeichnet, dass sie durch den Betrieb gesetzt werden und durch dessen ordnungsgemäße Gestaltung ausgeschlossen werden können und müssen. Verwirklicht sich in diesem Fall ein Risiko, welches von der Behandlungsseite hätte voll beherrscht werden können und müssen, so muss die Behandlungsseite darlegen und beweisen, dass sie alle erforderlichen organisatorischen und technischen Vorkehrungen ergriffen hatte, um das Risiko zu vermeiden, vgl. BGH-Urteil vom 16.8.2016, VI ZR 634/15. Dies ist auf das Betreiben von Pflegeheimen übertragbar.

Zur sachgerechten Organisation gehören:
  • Gerätesicherheit
  • Verrichtungssicherheit des Pflegepersonals
  • ausreichende Anzahl von PFLEGEPERSONAL
  • keine Anfängerbeschäftigung uvm.
  • Schutz vor Corona-Infektion ? (m.E. ja)

Eine Beweislastumkehr ist auch möglich bezüglich des Nachweises eines objektiven Pflichtenverstoßes des Schuldners, wenn der Kläger im Herrschafts- und Organisationsbereich des Schuldners geschädigt wurde und die den Schuldner treffenden Vertragspflichten auch dahin gingen, den Gläubiger gerade vor einem solchen Schaden zu bewahren.

Der BGH hat mit Urteil vom 28.04.2005 (AZ III ZR 399/04) die Voraussetzung der Beherrschbarkeit eingeschränkt: eine Pflegekraft muss im konkreten Fall eingesetzt worden sein, um die konkrete Gefahrensituation des Bewohners zu beherrschen.

Der Aufbau eines ordnungsgemäßen Risikomanagementsystems ist nach dieser Rechtslage dringend erforderlich und bedarf der Zusammenarbeit verschiedener Fachleute: Pfleger, Arzt, Techniker, Anwalt, Sicherheitsexperte, Versicherungsfachmann, ua – je nach Pflegeinrichtung und Bewohner.

Als MBA (Sozialmanagement)und Rechtsanwalt helfe ich Ihnen gerne bei der Erfüllung der Organisationspflichten, Vermeidung von Haftungsfällen und beim Konfliktmanagement.

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Hermann Kulzer
Master of business and administration (EHS Dresden)
Rechtsanwalt
Wirtschaftsmediator (DIU Dresden)
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